„Kein Patentrezept für die Leerstandsaktivierung – Leerstand als Chance“
Die Aktivierung von Leerstand stellt eine der zentralen Herausforderungen der Stadt- und Regionalentwicklung dar. Angesichts demografischer Veränderungen, wirtschaftlicher Strukturwandel und veränderter Wohn- und Arbeitsbedürfnisse stehen viele Kommunen vor der Aufgabe, ungenutzte Gebäude und Brachflächen einer neuen, nachhaltigen Nutzung zuzuführen.
Vor diesem Hintergrund fand am 12. November 2024 im Eiermannbau Apolda eine Fachveranstaltung statt, zu der das Thüringer Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft (seit Dezember 2024 Thüringer Ministerium für Digitales und Infrastruktur – TMDI) sowie der Verein LeerGut-Agentinnen & -Agenten e. V. eingeladen hatte. Mehr als 60 kommunale Vertreterinnen und Vertreter kamen zusammen, um Ideen und Lösungsansätze zur Leerstandsaktivierung auszutauschen.
Nach der Begrüßung durch den Abteilungsleiter des TMIL, Dr. Martin Gude, sowie die Referatsleiterin Anja Maruschky wurde die Veranstaltung mit zwei Impulsvorträgen eingeleitet. Im Mittelpunkt standen dabei das Kennenlernen, der fachliche Austausch und die Vermittlung von Wissen, die als Grundlage für die anschließenden Diskussionen und Workshops dienten.
Die Stiftung Baukultur Thüringen, vertreten durch die geschäftsführende Vorständin Katja Fischer, präsentierte ihre Arbeit im Kontext der Sicherung des Erbes der Internationalen Bauausstellung Thüringen und ihrer Aktivitäten im Eiermannbau. Als zentrale Akteurin im Bereich Baukultur wurde die Stiftung 2003 von der Architektenkammer Thüringen gegründet – zu einem Zeitpunkt, als Baukultur noch kein EU-europaweites politisches Thema war und die Klimakrise weniger präsent schien. Im Jahr 2024 initiierte die Stiftung eine neue Phase des Aufbruchs. In ihrem Vortrag „Bestand als Ressource – Aufbruch ins Bestehende“ wurde unter anderem auf die Herausforderung des Leerstands hingewiesen: Nach einer Erhebung von 2016 stehen in Thüringen von insgesamt 600.000 Wohn- und Nichtwohngebäuden rund 45.000 Objekte leer. Darüber hinaus entspricht das jährliche Bauabfallaufkommen in Deutschland rechnerisch dem Materialbedarf von 422.000 Wohneinheiten (vgl. Baukulturbericht „Neue Umbaukultur“ 2022/23).
Einen weiteren praxisnahen Einblick in die Arbeit zur Leerstandsaktivierung boten die Vorständin Katrin Hitziggrad und der Vorstand Klaus Schotte des Vereins LeerGut-Agent*innen e. V. Sie erläuterten die Netzwerkarbeit des Vereins zur gemeinwohlorientierten Leerstandsaktivierung in Thüringen und reflektierten über die Erfahrungen aus den letzten fünf Jahren als IBA-Projekt. Die bisherigen Erkenntnisse zeigen, dass eine nachhaltige Entwicklung des ländlichen Raums auf der Kooperation zwischen einer starken bzw. engagierten Zivilgesellschaft, einem leistungsfähigen Staat und einer verantwortungsbewussten regionalen Wirtschaft basiert. Die LeerGut-Agent*innen setzen sich gezielt für eine Neubewertung von Gebäudebestand und Leerstand als wertvolle Ressourcen für die Regional- und Immobilienentwicklung ein und streben eine breite Vernetzung relevanter Akteurinnen und Akteure an.
Ein zentrales Element der Veranstaltung bildete erneut die praxisorientierte Bearbeitung konkreter Fallbeispiele, die von den Teilnehmenden zuvor eingereicht worden waren. In interaktiven Gruppenarbeiten wurden Projekte aus verschiedenen thüringischen Städten – darunter Gotha, Hummelshain, Meuselwitz und Schleiz – analysiert und diskutiert.
Die Workshops gliederten sich in mehrere Phasen, in denen unter Anleitung und Moderation erfahrener LeerGut-Agent*innen zunächst die spezifischen Herausforderungen und der aktuelle Status quo der Fallbeispiele erörtert wurden. Darauf aufbauend wurden innovative Ideen und alternative Nutzungsansätze entwickelt, intensiv über die jeweiligen Erfahrungen aus der Praxis gesprochen sowie mögliche einzelne Verfahrensschritte aufgezeigt. Ziel der Gruppenarbeiten war es, den Teilnehmenden sowohl Inspiration und Orientierung als auch erste konkrete Lösungsansätze für die Weiterarbeit an ihren Projekten/Vorhaben zu vermitteln. Der persönliche Austausch und die Möglichkeit zur Vernetzung wurden von den Beteiligten als besonders wertvoll hervorgehoben.
Die Veranstaltung machte deutlich, dass es keine universellen Lösungen für die Leerstandsaktivierung gibt, sondern dass kreative, auf den jeweiligen Kontext abgestimmte Strategien erforderlich sind. Gleichzeitig wurde die Bedeutung von Kooperationen zwischen öffentlichen, privaten und zivilgesellschaftlichen Akteurinnen und Akteuren betont, um Leerstand nicht als Problem, sondern als Chance für eine nachhaltige und gemeinwohlorientierte Raumentwicklung zu begreifen.
Die Bereitstellung der Dateien für Gotha, Hummelshain, Meuselwitz und Schleiz erfolgt hier in Kürze.
Zudem wurden in der Veranstaltung auch jeweils ein Fallbeispiel aus Podelwitz und Bad Salzungen aufgegriffen. Für Informationen dazu wenden Sie sich bitte an die LeerGut-Agent*innen: https://www.leergut-agenten.de/